Von München nach Eschenlohe (MT.01)

Hangwald über der Isar © Christoph Bücheler (alle Fotos)

Oberbayerisches Heimat-Trekking mit allen Facetten: raus aus München, isaraufwärts nach Bad Tölz, zum Walchensee und ins Loisachtal, mit Überschreitung von Benediktenwand, Herzogstand und Heimgarten - in 5 Tagen.

Von daheim aus losgehen, hinaus in die Berge. Am ersten Tag die Mühen der Ebene, allmähliche Annäherung. Entlang der Isar in die weitläufigen Buchen-Hangwälder eintauchen und über die Kiesbänke stromern, die bekannten Sommerbadeplätze. Am zweiten Tag rücken die Berge schon näher. Wir gehen direkt auf den markanten Bergzug von Brauneck und Benediktenwand zu, der die Bayerischen Alpen sichtbar nach Norden begrenzt. Hinter Bad Tölz schwingt sich der Weg dann hinauf und mit der Überschreitung der Benediktenwand (1800 m) erreichen wir einen ersten Gipfel und Höhepunkt. Nach der Zwischenstation am fjordartigen Walchensee beschließt die Gratwanderung vom Herzogstand zum Heimgarten die bilderreiche Wanderung.

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Route und Etappen

Gesamtlänge 5 Tage,  ca. 105 km, ca. 3.200 hm (Aufstieg).
Bis zur Benediktenwand folgt die Tour ungefähr der München-Venedig-Route, weicht aber öfter davon ab und wählt weniger begangene, kleinere und naturnähere Wege. Am liebsten nur Pfade, schmale Fußpfade durchs Hinterland. Dann schwenken wir auf die Route von Maximiliansweg/E4/Via Alpina (violett) ein.

Höllriegelskreuth - Ascholding (MT.01.1)

Zum Einstieg eine gemütliche aber lange Wanderung im Isartal, auf ausgetretenen Pfaden und zuweilen ganz abseits.

Am S-Bahnhof Höllriegelskreuth gehen wir los, nahe der Grünwalder Isarbrücke, am äußeren Stadtrand. Weiche Wege im Hang-Buchenwald über der Isar. Zwischen den Baumkronen hindurch erspähen wir unten den Georgenstein, ein großer Nagelfluhfelsen im Fluss und früher oft Verhängnis der Flößer. Beim Kloster Schäftlarn weitet sich das Tal, im 8. Jahrhundert gegründet ist es eines der ältesten Klöster in Bayern, wenn auch mit wechselhafter Geschichte. An den heutigen Bauten, insbesondere der Klosterkirche St. Dionys (1751 – 1760), haben bedeutende Architekten und Künstler des bayerischen Rokoko mitgewirkt, u.a. Johann Michael Fischer, Johann Baptist Zimmermann und Johann Baptist Straub.

Etwas eintönig geht es ab Gasthaus Bruckenfischer zwischen Isarkanal und Fluss bis zum Ickinger Wehr. Dahinter tauchen wir ein in das besondere Reich der Pupplinger Au: als Naturschutzgebiet unter Botanikern berühmt für die seltenen Schneeheide-Kiefernwälder, eine hoch spezialisierte und artenreiche Pflanzengesellschaft, die sich auf den kiesigen Sedimenten mit nur einer ganz dünnen Humusauflage angesiedelt hat, mit vielen seltenen Pflanzen.

Das oft wilde Pfadgewirr in Wald und Uferdickicht erzählt von anderem Treiben: die Pupplinger Au ist ein (einstmals) legendäres und besungenes sommerliches (Nackt-)Badeparadies der Münchner. Im Sommer sind inzwischen Naturschutzranger unterwegs, um Interessenausgleich bemüht. Schließlich finden wir den Weg hinaus auf die offenen Kiesbänke und schlendern verträumt über die hellen Isarkiesel. Willy Michls "Isarflimmern" kommt uns in den Sinn:

…und dann in der Pupplinger Au / wird die Zeit angehalten in da Sommasonna auf dem weißen Kies i sog eich des is / des Isarflimmern mitten im Paradies.

Unweit der Stadt kann man hier dem ursprünglichen Charakter der wilden, nacheiszeitlichen Flusslandschaft und ihrer Dynamik noch ganz gut nachspüren: hohe Prallufer aus steilen, teils unterhöhlten Kieswänden auf der einen Seite, flache, sanft modellierte Gleithänge gegenüber. Wolfratshausen liegt irgendwo hinter der Waldkulisse, nichts ist davon zu ahnen. An einer Stelle stößt der Loisachkanal daraus hervor und führt der Isar reichlich Wasser mit starker Strömung zu.

Auf verwachsenem Pfad aus dem Auwald wieder auftauchend gehen wir das letzte Stück auf der Straße nach Ascholding, das sich als ein in seiner Struktur gut erhaltenes Dorf des oberbayerischen Oberlands präsentiert. Gleich bei der Kirche liegt das alte Dorfwirtshaus Lacherdinger, die allererste Empfehlung am Ort für Übernachtung und Verköstigung.

Gewandert am 13.05.2010, T1-2


Ascholding - Wackersberg (MT.01.2)

Aus Ascholding hinaus wandern wir durch ein oberbayerisches Bilderbuch bis nach Bad Tölz und Wackersberg. Erst offene Wiesenflur mit einzelnen Höfen und ausladenden Eichen, ab der Tattenkofener Isarbrücke durch bewegtes Gelände im Hangwald. Im Malerwinkel bei Königsdorf häufen sich die idyllischen Landschaftsszenerien. Moorwiesen, kleine Lichtungen, Bäche und Tümpel wechseln sich ab mit idyllischen Aussichten auf die Isar und ihr Hinterland. Eine kleinräumig gegliederte, abwechslungsreiche Landschaft, deren schönste Ecken dem Wanderer vorbehalten sind.

Dann wieder Kiesbänke an der Isar, am Steilufer gegenüber ein Höhlendorf der Uferschwalben. Allmählich verzetteln sich die Wege etwas, sind wenig begangen und die Markierung ist teilweise nicht durchgängig vorhanden. Erst kurz vor Rimslrain finden wir den Isartalweg wieder und folgen dann der Variante im Tal bis zum Wehr des Isarstausees von Tölz und am Ufer entlang hinein in das Städtchen. Bereits hier ließe sich Station machen, um einen Abend lang das pittoreske Ortsbild aus der oft verklärten Prinzregentenzeit des frühen 20. Jhs. und die zugehörige Gastronomie zu erkunden. Oder wir steigen noch hinauf nach Wackersberg, weg von der Isar, auf die ersten Anhöhen der Alpen, wo auch der Architekt Gabriel v. Seidl, der Erfinder des Tölzer Ortsbildes, sich sein Sommerhaus hat bauen lassen.

Gewandert am 14.05.2010, T1-2


Wackersberg - Benediktenwand - Tutzinger Hütte (MT.01.3)

Kaum geht man zwei Tage das Isartal aufwärts, steht man schon (fast) ganz oben in den Bayerischen Alpen und darf die ersten Fernblicke genießen.

An Tag drei geht es hinein und hinauf in die Berge. Der schmale Wiesenpfad geleitet uns zunächst sanft abfallend und von einem Bauernhof zum nächsten bis ans Längental, dann ändert sich mit einem Schlag die Topographie und es geht in einigen steilen Kehren bergauf zur Kirchsteinhütte, wo man sich zu Mittag den Kaiserschmarrn schmecken lassen kann. Anschließend schlendern wir gemütlich taleinwärts, über die Längentalalm zur Probstalmhütte, bevor es dann steil hinaufgeht zum Rotöhrsattel (1.615 m) am Einstieg zur Benediktenwand (1.800 m).

Als schroffe, ca. 500 m hohe Kalksteinwand zeigt sie sich nach Norden und ist von Süden her ein latschenbestandener weiter Abhang, bis zum Gipfel hinauf, wo die vielen Wanderer reichlich Platz finden. Das Panorama kann sich sehen lassen: es reicht von den Tannheimer Bergen, die im Westen im Dunst verblassen, über die Ammergauer Alpen, Estergebirge, den gesamten Wetterstein und das Karwendel, über das Rofan- bis zum Mangfallgebirge mit dem Wendelstein. Dahinter türmen sich noch schneebedeckte Berge von östlich des Inns (Berchtesgaden, Kaisergebirge usw.) und es gibt Durchblicke zu den Hohen Tauern mit Großglockner und Großvenediger, den Zillertaler und Stubaier Alpen. Der Blick ins Alpenvorland schweift bis München und lässt große Teile der bereits im Isartal zurückgelegten Strecke überschauen. Großes Kino.

Bei unserer ersten Begehung dieser Etappe im Mai 2010 war Dauerregen, schließlich hat es geschneit. Der Wirt der Kirchsteinhütte hatte wegen Altschnee und Vereisung vom Aufstieg in den Probstalmsattel abgeraten, so sind wir über den Längenberg und die abgelegene, ganz in den Regenwolken versunkene Tiefentalalm direkt zur Tutzinger Hütte (1.327 m) gewandert. Drei Wochen später haben wir bei strahlendem Wetter die Überschreitung der Benediktenwand vom Brauneck aus mitsamt den Achselköpfen nachgeholt. Es ist eine wunderbare Panoramatour und, nach den zwei Wandertagen im Flachland, ein großartiger Kontrast. Mit einem Schlag steht man oben und bekommt die Bayerischen Alpen auf einen Blick geboten:

Da stakelt man gemütlich über Oberbayern dahin, und wer Augen hat, sieht allerhand.

Walter Pause hat vor über 40 Jahren in "Münchner Hausberge" zu dieser Tour schon alles gesagt und die noch immer beste Beschreibung abgeliefert.

Gewandert am 15.05. bzw. 05.06.2010, T2 (-3 mit Überschreitung der Achselköpfe)


Tutzinger Hütte - Walchensee (MT.01.4)

Waldreiches Bergland, stille Winkel und bei schönem Wetter reichlich Ausflügler am Jochberg kennzeichnen diese Etappe, die an den inmitten der Berge liegenden Walchensee führt, Landschaftsbilder, die einen für Momente ins südliche Norwegen versetzen.

Diese Etappe sind wir witterungsbedingt noch nicht durchgängig gegangen, sie ist jedoch bis Urfeld am Walchensee identisch mit der Via Alpina Violett A57 und dort beschrieben.

Von der Tutzinger Hütte steigt man wieder den Weg Nr. 455 an der Westseite der Benediktenwand hinauf und wer den Gipfel am Vortag noch nicht bestiegen hat, kann dies nun nachholen. Dann folgt man der Ausschilderung in Richtung Rabenkopf und Kochel (451) bzw. immer den Fernwanderrouten E4, Via Alpina und Maximiliansweg. Der Weg passiert den Rabenkopf (1555 m), Gipfelsammler können ihn aber ohne größeren Zeitverlust mitnehmen. Vorbei an Staffelalm und Kochler Alm führt der Weg über waldiges Almgelände zur Nordseite des Hirschhörnlkopfes und um diesen in sehr schattigem und steilem Hangwald herum bis zur Kotalm. Am Wiesenbach bei der Alm findet sich gewiss ein schöner Rastplatz.

Von dort geht es dann oft recht steil auf steinigem Wurzelpfad erst hinauf zur Jocheralm. Wer Ausdauer für eine zusätzliche Wegestunde hat, für den lohnt sich der Abstecher auf den Jochberg: weite Aussicht bis München und in die Tiroler Alpen. Und besonders auf die schön gelegenen Seen: den Kochelsee als Voralpensee in mooriger Umgebung unmittelbar am Fuß der Berge, durch eine kleine Passhöhe nur getrennt; den Walchensee mit seiner nordischen Anmutung, mitunter smaragdgrün vom Schmelzwasser. Sogar Steinböcke soll es hier geben.

Ein langer aber schöner Abstieg führt nach Süden hinunter nach Sachenbach und am Walchenseeufer mit schöner Aussicht nach Urfeld zurück. Naheliegender ist es jedoch, den Normalabstieg zur Kesselbergstraße und dann weiter nach Urfeld zu nehmen. Wer dann noch Kraft in den Beinen hat, kann über den königlichen Reitweg zu den Herzogstandhäusern hinaufsteigen und hoch über dem Walchensee nächtigen. Oder man sucht sich Quartier in Urfeld oder in Walchensee (Busverbindung) und genießt das abendlich ruhige Seeufer, wenn die Herden der Tagesausflügler und die Wagenkolonnen verschwunden sind.

Gewandert auf verschiedenen Tagestouren, T2


Walchensee - Eschenlohe (MT.01.5)

Königliche Aussicht auf der Gratüberschreitung vom Herzogstand zum Heimgarten: der Herzogstand (1.731 m) ist ein bekannter und schnell erreichbarer Ausflugsberg, mit Seilbahn und entsprechendem Rummel, damit muss man rechnen. Es kann aber auch ganz anders sein. Erwischt man einen trüben Tag und steigt zu Fuß hinauf, ist es bald ganz ruhig. Und richtig schön ist der Aufstieg von der Talstation der Seilbahn aus über die Südflanke. Man gewinnt zügig an Höhe und genießt die Ausblicke über den Walchensee, sobald der dichte Wald sich lichtet. Als wir hier unterwegs waren, sind dichte Wolken um die am oberen Hang locker verteilten Fichten und Kiefern herumgezogen und erweckten malerische Bilder, die an japanische Szenerien oder chinesische Tuschemalereien denken ließen. Ganz still war es und weit weg.
Der Herzogstand ist auch der erste von mehreren Orten auf unserer Tour, den die bayerischen Könige im 19. Jh. für sich reklamierten und ausbauen ließen. Sie kamen auf dem gut ausgebauten "Reitweg" herauf zu den Herzogstandhäusern. Heute fahren viele mit der Bergbahn, tummeln sich zwischen Gastwirtschaft und den Aussichtspunkten um den Gipfel herum.

Der Weitwanderer schaut, dass er weiterkommt - über den berühmten Grat zum Heimgarten hinüber. Dort sollte man schon ein wenig schwindelfrei sein, es gibt ein paar eindrucksvolle Tiefblicke, doch der Weg ist stets gut zu gehen und an heikleren Stellen mit Drahtseilen gesichert (T2-3). Bei Schönwetter ist es eine aussichtsreiche Paradestrecke, bei unserer Begehung aber geprägt vom Wechselspiel der tiefhängenden Wolken. Die schroffen Kalkwände, die sich bereits nach wenigen Metern im grauen Schleier verlieren, der Pfad, der sich dort hineinwindet, die Latschenbüsche und -wülste, die ihn säumen: das Gebirge wirkt wilder als an sonnigen Tagen und die Überquerung entwickelt einen Reiz aus dem Begehen selbst, der sonst durch den Blick in die Ferne in den Hintergrund rückt.

Am Grat geht es mit wenig Höhenunterschieden abwechslungsreich dahin, erst am Heimgarten (1.790 m) zieht der Weg nochmals deutlich an. Am Gipfel gibt es reichlich Aussicht - und falls wetterbedingt nicht, dann lohnt sich erst recht ein Besuch der Hütte gleich unterm Gipfel, besonders empfehlenswert der Kaiserschmarrn mit Preiselbeeren. Stärkung ist gut, denn es geht noch sehr lange und weit bergab, durch teils düstere weite Wälder voller Raben, bis wir im Tal Eschenlohe (639 m) an der Loisach erreichen.

Gewandert am 19.08.2010, T2-3; in Eschenlohe Bahnanschluss (DB-Regio)

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