#MonacoLog: Streik-Bummel

Baustelle Elisabethmarkt, Schwabing

München wird heute bestreikt, von einer eigenartigen Allianz aus Klimaaktivisten und Gewerkschaft. Verbindende Forderung: Wir wollen mehr...! Ein alter weiser Mann beißt sich auf die Zunge und geht bummeln, er hat ja Termine. Und sollte dankbar sein: anstatt zeitoptimierter Fortbewegung mittels ÖPNV hat er endlich wieder Gelegenheit für mehr (!) gesunde Eigenbewegung. Die Sonne lacht dazu und die S-Bahn immerhin fährt.
 
Die Eckpunkte des Spaziergangs: Abschlussbesuch bei einem unscheinbaren Projekt zur Stadtnatur in Trudering und eine lange Besprechung zur energetischen Sanierung in Schwabing. Auf der Strecke liegen:

  • Das Trambahndepot an der Einsteinstraße: da stehen sie also heute nutzlos herum.
  • St. Gabriel: mit dem Kirchenbau wurde vor knapp 100 Jahren begonnen, als Haidhausen ein exponentielles Wachstum durchlief. Krieg, Revolution, Wirtschaftskrise und Hyperinflation haben das Projekt immer wieder ausgebremst, doch die junge Gemeinde hat sich als zäh erwiesen - heute würde man sagen als resilient. Und hat gegen alle Widrigkeiten gebaut. Einen sehr altertümlich wirkenden Bau, eine klassische mittelalterliche Basilika, voll warmer (Ziegel)farbe außen und innen.
  • In Bogenhausen braucht man vermutlich eh wenig ÖPNV und es werden dort sehr hochbeinige Hunde ausgeführt. Auch am Shakespeareplatz, wo die Julia etwas ratlos herumsteht. Immerhin wird sie nicht ständig betatscht wie ihr Pendant am Alten Rathaus.
  • Der alte Kirchhof von Bogenhausen ist ein Dorfidyll, weshalb dort vermutlich etliche wichtige Münchner Groß-Bürger begraben liegen, auch der bedeutende Alt-OB Hans-Jochen Vogel. Das Kirchlein mit der bezaubernden Haube ist ein letztes Werk des großen Johann Michael Fischer, der über dem Bau verstarb.
  • Am Chinesischen Turm ist noch Vorsaison-Baustelle - ob eine neue Bier-Pipeline verlegt wird? Ein Kiosk hat offen, Flaneure räkeln sich in der Sonne, da kann man nicht einfach so weitergehen. Dem Herrn v. Sckell, dem Gestalter des Englischen Gartens, hat der Turm gar nicht gefallen. Er fand, der Genuss der Natur brauche keine solchen Attraktionen. Der Chinesische Turm als eine Art früher SkyWalk? Natürlich hat man sich über ihn hinweg gesetzt und ihm obendrein in Sichtnachbarschaft ein Denkmal. Den Umgang mit dem Nachruhm kann man halt nicht beeinflussen.
  • Einen Café gibt es dann in der Uni-Mensa, da war ich seit Urzeiten nicht mehr, aktuell eine Großbaustelle.

Anschließend irre ich noch ein wenig durch Schwabing, weil ich früh dran bin, besuche bekannte Orte: die Elisabethmarkt-Baustelle, den „Schwabinger Dom“ St. Ursula, heute auch in seidigem Licht.

Dann tagen wir lange und in der Dunkelheit eile ich zum Stachus. Am Himmel gibt es ein Rendezvous von Venus und Jupiter über dem Obelisken am Karolinenplatz. Auf Erden: Dauergehupe. Die Straßen der Maxvorstadt sind in allen Richtungen dicht zugestellt mit Raumkapseln, die kaum vom Fleck kommen, festgefahren im interstellaren Raum ihres Universums. Fußgänger sind definitiv schneller unterwegs, jedenfalls heute. Die S-Bahn dann: luftig, entspannt. - Klingelt’s, Herr Wissing? OM.

Ähnliche Beiträge:

#MonacoLog: Lichte Momente

Der kleine Stadtspaziergang verbindet zwei Orte, wo man sich die heraufziehende dunkle Jahreszeit erhellen kann und verläuft weitgehend quer zu den Haupt(verkehrs)strömen. „Es gehört...

#MonacoLog: Infrastruktur

Ein Gang stadteinwärts, um eine Fahrradklingel zu besorgen, eine kleine Sammlung von Bildnotizen zum Stand der Dinge, bevor wieder etwas weg oder anders geworden...