Wandern auf der Walliser Sonnenseite, hoch über dem Rhonetal, durch Blumenwiesen, schattige Wälder und entrückte Dörfer bis hinein in die Bergarena von Leukerbad.

Auf einer Hangterrasse zwischen Lötschental und Dalaschlucht reihen sich Weiler und Dörfer aneinander, eingestreut in weite Wiesen, regelmäßig durch Waldstücke unterbrochen, nach Süden ausgerichtet, in voller Sonne. Nach dem Gewittersturm des Vortags ist die Luft frisch gewaschen und es ergeben sich weite Ausblicke das Rhonetal hinauf und hinunter. Die Wiesen stehen in voller Frühsommerblüte. Die Wege sind abwechslungsreich, meist Fußpfade, gelegentlich kurze Fahrweg- oder Straßenabschnitte, beste Voraussetzungen für einen gemütlichen Wandertag.

Jeizinen verlassen wir auf einem Pfad, der uns unterhalb der Straße durch ein steiles Waldstück führt. Unterhalb des Pfads ist eine eingezäunte Schafweide mit Schutzhunden, die sich sogleich bestimmungsgemäß verhalten. Seit in der Gegend, auf der Südseite des Rhonetals, wieder Wölfe leben, ist man vorsichtig geworden. Bald treffen wir jedoch auf das Sträßchen und gehen hier weiter bis Engersch. Am Ortsende zweigt ein Wiesenpfad nach links ab, ein schönes aussichtsreiches Wegstück hinunter bis Erschmatt. Jenseits der Rhone mündet das schmale Turtmanntal, am seinem Ende glänzt eisig das Weißhorn (4506 m). Im Rückblick erhebt sich hinter Jeizinen noch einmal die Monte Leone Gruppe beim Simplonpass - das sind wir hergekommen. Weiter durch die blühenden Wiesen und ein kurzes Waldstück nach Feschel, dessen Holzhäuser sich auf einem Moränensporn in der Talmulde des Feschilju-Baches dicht zusammendrängen.

Zwischen Guttet und Albinen queren wir den Hewald, der 2003 großflächig abgebrannt ist. Inzwischen ist die Waldsukzession gut fortgeschritten, Pionierbaumarten wie Birken, Weiden und Pappeln bestimmen noch das Bild, dazwischen modern die Trümmer der Nadelbäume, die dem Brand zum Opfer gefallen sind - ein Stück Waldwildnis im Werden. Hier ergeben sich schöne Ausblicke ins Mittelwallis bis nach Sion, insbesondere auf den Pfynwald. Beständiger Steinschlag und Murenabgang aus dem sehr erosionsanfälligen Gebiet des sog. Illgrabens haben die Rhone hier über sehr lange Zeit immer wieder angestaut und zur Ablagerung einer großflächige Kiesterrasse geführt. Dort ist ein artenreicher Kiefernwald entstanden, durchsetzt von kleine Wasserläufen und Teichen, der seit 2013 als Naturpark unter Schutz steht. Diese natürliche Landschaftsbarriere mitten im Rhonetal hat die Siedlungsentwicklung in der Vergangenheit stark beeinflusst. Bis heute bildet der Pfynwald die Sprachgrenze zwischen dem deutschsprachigen Oberwallis und der Romandie, der französischsprachigen Schweiz.

Albinen ist ein großes Dorf, in dessen Ortskern die alte Siedlungsstruktur aus Holzhäusern, die sich um enge, teils sehr enge Gassen drängen, noch hervorragend erhalten ist, weshalb der Ort in das Inventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung aufgenommen wurde. Die Bauform der modernen Kirche, die nach einem Erdbeben an Stelle der alten errichtet wurde, setzt einen interessanten Kontrapunkt. Trotz seiner schönen Lage auf einer Sonnenterrasse über der Dalaschlucht und zahlreicher Ferienhäuser und -wohnungen leidet Albinen unter starkem Einwohnerschwund. 2017 hat die Gemeinde entschieden, jedem Zuzügler, der sich im Ort mit Erstwohnsitz niederlässt, bis zu 25.000 Franken zu schenken.

Hinter Albinen quert der Weg zwischen Wiesen und Wäldern mehrere Gräben, die vom Schafberg herunterziehen, teils idyllische Passagen. In Flaschen passieren wir die triste Talstation der Torrentbahn und erreichen bald die Albinenleitern. Eine historische Wegeverbindung bei der mit insgesamt 8 Leitern eine Felswand von rund 100 Metern Höhe überbrückt wird, die kürzeste Verbindung zwischen Albinen und Leukerbad, jedoch nur für Schwindelfreie geeignet. Wir erreichen die Leitern von der Oberseite, ihr Holz ist noch glitschig vom Regen des Vortags und die Trasse schwer einzuschätzen. Also kneifen wir und wählen die harmlose Umgehung oberhalb des Straßentunnels. Dann ist es nur noch ein kurzer Spaziergang nach Leukerbad hinein.

TC2 | T2 | Tourdetails + Fotos