Wanderung entlang einer "Nahtstelle" der Alpenfaltung.

Das Gafia-Tal gilt als landschaftlich besonders reizvoll und tatsächlich durchwandern wir auf dem Weg zum Passübergang am Rätschenjoch nahezu alle Zonen der alpinen Bergwelt: erst die Bergbauernsiedlungen am unteren Talende, dann die Voralpen und Alpen, die Hochweiden, schließlich eine urtümliche Fels- und Schuttlandschaft zwischen Madrisahorn (2.826 m) und Rätschenflue (2.703 m).

Wegen stark wolkenverhangenen, regnerischen Wetters bleibt die Kulisse für uns schemenhaft, lässt sich nur erahnen. Die Wegeführung ist aber so beschaffen, dass man wesentliche Merkmale der Landschaft unmittelbar unter den Füßen und gleich links und rechts des Weges erleben kann. Dies gilt besonders für den oberen Talabschnitt (ca. ab 2.000 m), wo man bei den Gafier Platten entlang einer “Nahtstelle” der Alpenfaltung unterwegs ist. Auf der Westseite baut die geologisch jüngere Kalksteinschicht der Sulzfluhdecke helle, stark verkarstete, plattige Rücken auf (Gafier Platten), die aus der Ferne wie vergletschert wirken. Diese Decke taucht ab unter die geologisch älteren Schichten des sog. Silvretta-Kristallins auf der Ostseite, dunklem Gneis, der den zerklüfteten Madrisa-Bergstock bildet und zu feinem Schutt verwittert. Hell und dunkel, Sediment und metamorphes Urgestein, kalkhaltiger und saurer Boden, Grenzregion zwischen Ost- und Westalpen. Der Pfad folgt dieser Naht, vermittelt eindrückliche graphisch wirkende Bilder, lässt die Macht der Tektonik spürbar werden und erschließt eine reizvolle Pflanzenwelt, in der sich wegen der kontrastierenden Bodenverhältnisse ost- und westalpine Elemente begegnen.

Auf der Südseite des Rätschenjochs wechselt die Landschaft. Es ist das Bergbahn-Revier der Madrisabahn und wir steigen über unwirtliches Gelände der Skipisten in der Schafcalanda ab, reichlich von Murmeltieren bevölkert, erreichen beim Älpli wieder freundliche Matten. Schließlich geht es durch Bergwald vollends steil hinab in die alte Walsersiedlung Schlappin, die scheinbar weltabgeschieden im sonnigen Winkel eines langen Hochtales liegt.

TC2 | T2 (-3) | Tourdetails + Fotos

Hinweis: Bei Unghürtschuggen kurze Passage, bei der Vorsicht geboten ist (T3): Die steile und weiche Schuttrinne oberhalb der Butzchammera ist bei Nässe unangenehm zu begehen; drahtseilgesichert. Im weiteren Verlauf noch ein paar etwas ausgesetzte Stellen.; Trittsicherheit und gutes Orientierungsvermögen bei schlechtem Wetter erforderlich.

Übernachtung: Berghaus Erika