Alpine Natur und Kulturgeschichte eng verzahnt - Aus einem hinteren Winkel machen wir uns heute auf, das Große Walsertal ins fast seiner ganzen Länge abzuschreiten. Wir folgen dabei dem Walserweg (Via Alpina), zunächst am Talboden, bis Buchboden auf dem Sträßchen, dann auf Pfaden und Wegen entlang der Lutz, die sich hier noch kaum eingeschränkt als großer Bergbach austoben kann, meist breit daherströmend zwischen ihren Kiesbänken. Bei Buchboden passieren wir die kleine hölzerne Brunnenanlage der Schwefelquelle.

Im Hauptort Sonntag kann man das Biosphärenparkhaus und das Walsermuseum besuchen und mehr erfahren über die Kultur der alemannischen Walser-Besiedlung und ihre Geschichte. Garsella war einmal als Sitz des "Unteren Walsergerichts" der Mittelpunkt des Tales und ist heute mit großem Sägewerk und anderem Gewerbe drumherum wohl noch ein wirtschaftlicher Schwerpunkt. Durch Wald und Wiesen folgen wir dem Fußpfad teils steil hinauf nach Blons, wo das neue Gemeindezentrum mit einem netten Café aufwartet. Tragische Berühmtheit erlangte das Dorf, als im Januar 1954, nachdem in Vorarlberg binnen 24 Stunden bis zu zwei Meter Neuschnee gefallen waren, mehrere Lawinen abgingen, das Dorf verschütteten und über 50 Menschen starben. Das Lawinenunglück gilt als das größte der Geschichte der Alpen und gab den Auslöser für die Vielzahl an Lawinenverbauungen, die seitdem in den Alpen vorgenommen wurden.

Dem Walserweg folgend geht es weiter durch den tief eingeschnittenen Rüffitobel, steil hinab und wieder hinauf, ehe man von unten aus den Wiesen aufsteigend erst die Gartenanlagen und dann den Hof der alten Propstei St. Gerold betritt. Der Heilige Gerold, ein sächsischer Adliger, soll hier im frühen Mittelalter als Einsiedler gelebt und später seinen Besitz dem Kloster Einsiedeln vermacht haben. In der Krypta unter der Kirche befindet sich sein Grab, das ein Abt im 17. Jh. öffnen ließ. Gefunden hat man zu Staub zerfallene Knochen und einen (eingeschlagenen?) Schädel, der als Kopfreliquie verwahrt wird. Heute ist St. Gerold eine kirchliche Begegnungsstätte mit Seminarbetrieb und ein kulturelles Zentrum in der Region, nachdem es Mitte des 20. Jh. nahezu zu verfallen drohte.

1993 trafen sich in der Propsteikirche das Hilliard Ensemble und Jan Garbarek zu einem musikalischen Experiment, das als "Officium" bei Manfred Eichers ECM erschien und ein Welterfolg wurde. 17 weitere Alben hat das britische Vokalensemble dort eingespielt und im Mai 2014 sein Abschiedskonzert gegeben. Unmittelbar danach begann die umfassende, auf Jahre und sechs Bauabschnitte ausgelegte Sanierung und Modernisierung der Klosteranlage, Aufbruch in eine weitere Epoche der nun tausendjährigen Geschichte des Klosters. Hier muss man Station machen.

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Übernachtung: Propstei St. Gerold