Kontrastprogramm: Eine Etappe zwischen echter Bergeinsamkeit und vollendet kommerzialisiertem Alpentourismus. Das Highlight des Tages ereignet sich bereits vor dem Frühstück: wenn draußen die schwarze Nacht verblasst, sollte man aufstehen und in etwa 20 Minuten auf den Krottenkopf (2.086 m) steigen. Selten ist es so einfach, zum Sonnenaufgang auf einem so aussichtsreichen Berg zu stehen – dem höchsten der Bayerischen Voralpen. Die rote Sonne rollt am Horizont herauf und bescheint in der Ferne zart die schneebedeckten Hohen Tauern, während tief unten ein Nebelband die Spur der Isar durch die Berge nachzeichnet. Von dieser entrückten Warte aus betrachten wir hingerissen und in die wärmenden Jacken gehüllt, wie der Tag erwacht und mit ihm das Hüttenleben. Das köstliche Bergsteigerfrühstück genießen wir in der Morgensonne vor der Hütte.

Abwechslungsreich und immer mit viel Aussicht geht es auf Nebenwegen weiter über die Gipfel und Höhen des Estergebirges. En passant können zwei weitere von insgesamt vier 2.000er-Gipfeln der Bayerischen Voralpen "mitgenommen" werden, auf nur wenig bezeichnetem und begangenem Pfad der Obere Risskopf (2.049 m) und das Kareck (2.046 m, T3). Der Weg am Kamm zwischen den Gipfeln ist teils etwas ausgesetzt über mächtigen Abstürzen, die das Estergebirge kennzeichnen. Wenn es zu arg wird, kann man aber leicht ins rückwärtige Gelände ausweichen und den Hang pfadlos durch Blumenwiesen und kleine Blockhalden queren, während man den Gemsen aus aller Nähe dabei zuschauen kann, wie sie sich furcht- und mühelos in die felsigen Abgründe stürzen.

Unser Pfad führt durch Almgelände, erst am Ostabhang der Gebirgskante, dann um die Westseite des massigen Bischof (2.033 m) herum, schließlich über einen langgezogenen Rücken auf den Hohen Fricken (1.940 m), den südlichen Eckpfeiler des Estergebirges. Im Süden ragt nun scheinbar zum Greifen nah das Wettersteinmassiv auf und jenseits des Loisachtales der einsame Kramer, um den herum die nächste Etappe führen wird. Rechterhand überblickt man das mehr als 1.000 m tiefer liegende Loisachtal von Oberau bis nach Garmisch-Partenkirchen, mitsamt dem dichten Autoverkehr auf der B2, während sich hier am Gipfel nur wenige Wanderer tummeln.

Wir verlassen die ruhigen und entlegenen Gefilde der Höhen, ein teils sehr steiler Abstieg auf nicht immer klar auszumachendem Pfad erwartet uns. Auf der schön in weitem Almgelände gelegenen Esterbergalm (1.264 m) können wir noch einkehren und uns wieder gewöhnen an den trubeligen, klischeehaften Bayerntourismus, bevor es vollends auf etwas trister Almstraße hinabgeht ins Tal nach Garmisch-Partenkirchen (708 m), dieser internationalen Topdestination des Alpentourismus - zumindest nach eigener Einschätzung.

TC2 | T2 | Tourdetails + Fotos
Schlechtwettervariante: ab Weilheimer Hütte Direktabstieg zur Esterbergalm, unschwierig.