Huttaler Widerwaage

Huttaler Widerwaage - © Christoph Bücheler | MonacoTrail

Die Wasserwirtschaft zum einstigen Betrieb der Bergwerke im Oberharz ist Unesco-Weltkulturerbe und lässt sich auf dieser kurzen Runde ideal erkunden.

Das Oberharzer Wasserregal gilt lt. Unesco als „das weltweit bedeutendste vorindustrielle Wasserwirtschaftssystem des Bergbaus.“ Mit raffinierten hydraulischen Techniken wurde seit dem 16. Jh. Wasser zur Energiegewinnung in weiten Teilen des Oberharzes gesammelt, durch ein ausgeklügeltes System von Gräben, Teichen und Pumpen gespeichert und den Bergwerksbetrieben von Clausthal-Zellerfeld zugeführt. Die Huttaler Widerwaage ist ein wichtiges „Relais“ in diesem System, weil hier das Wasser nach Bedarf in zwei Richtungen verschoben oder auch abgelassen werden konnte. Schon vor zwei Jahren wollten wir uns das anschauen, jetzt war es so weit, bei sehr kühlem, anfangs regnerischem Wetter.

Übersichtskarte zu Weg und Wassersystem
Übersichtskarte von Wassersystem und Wanderroute (rot)

Der Rundweg „Huttaler Widerwaage“ ist vom Harzer Tourismusverband eingerichtet und durchgängig markiert. Start und Ziel ist der Parkplatz an der Harzhochstraße/B242. Beinahe eben, wie es der Hydraulik entspricht, umrundet man die Bergkuppe des Polsterbergs entlang der Wassergräben und Stauteiche. Besonders reizvoll ist der Abschnitt am Huttaler Graben, der einen guten Eindruck vom erforderlichen Wasserbau vermittelt und an Suonen im Wallis oder Waale in Südtirol erinnert. 

Am Polsterberger Hubhaus wurde über eine Pumpenanlage zusätzliches Wasser in das System eingespeist: es wurde aus entfernten Gebieten, die bis zum Brocken reichten, herangeführt und über 18 m mit aufwändiger Pumpen- und Antriebstechnik angehoben. Heute ist dort eine kleine feine Slow-Food-Gastronomie angesiedelt (Öffnungszeiten beachten!).

Die Geschichte der Anlagen wird an verschiedenen Stellen auf Infotafeln ganz gut erklärt. Was ich vermisst habe war eine Auskunft dazu, in welcher Form das System heute noch genutzt oder unterhalten wird. Die Gräben waren weitgehend entleert, teils auch verwachsen. Für den Bergbau wird es sicher nicht mehr gebraucht und für die Stromgewinnung ist es zu unwirtschaftlich nach heutigen Maßstäben?

Auch auf einer anderen Ebene vermittelt der Spaziergang Einsichten: die Oberharzer Wasserwirtschaft zeugt davon, wie Ingenieurskunst eine Landschaft gekonnt nutzen und auch bereichern kann. Die großflächigen Kahlschläge und weiterer toter Fichtenforst in der Umgebung, so weit das Auge reicht, erzählen davon, wie Unverstand, Ungeduld, schlichte Ausbeutung eine Landschaft zugrunde richten können. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass man die künftige Bewaldung mit der Natur zusammen entwickelt und damit ausdauernder macht. Ein fein justierter Waldbau nach dem Vorbild dieser Hydraulik, das wär’s.