Altenburg

Altenburg, Johannisstraße bei der St. Barholomäikirche - © Christoph Bücheler | MonacoTrail (alle Fotos)

Es gibt unerfreuliche Neuigkeiten zur Sanierung des wunderbaren Lindenau-Museums. Das hat mich an den Stadtspaziergang erinnert, als wir für eine Ausstellung nach Altenburg gekommen und begeistert waren. 

(29.10.2019) Kurz nach der Landtagswahl in Thüringen wollten wir nachsehen, ob Altenburg noch steht. Na ja, nicht nur. Konkreter Anlass war die Ausstellung des Künstlers Herman de Vries im Lindenau-Museum. Seine Arbeiten beschäftigen sich in zurückhaltender, fast schlichter Art mit der Reichhaltigkeit der Natur, leise und poetisch. Ganz andere Töne, als sie sonst gerade immer lauter werden und sich im Wahlergebnis abbilden. 

Die Ausstellung passt gut ins gerne unterschätzte Altenburg, das uns sehr überrascht: Aschenputtel Altenburg! Die Stadt leidet seit vielen Jahren stark unter Abwanderung und Überalterung, man sieht es ihr auch an. Die Augen des Touristen allerdings gehen über, als er die bewegte Topographie der Stadt sieht und erwandert, die Abfolge von Märkten, Gassen, Häuserfluchten, Türmen nicht zuletzt. Fast oberitalienisch. Ein erst halb gehobener Schatz. Vorher schon haben wir gehört, dass sich verstärkt neues Leben rührt, junge Familien ziehen wieder her. Im Theatercafé speisen wir vorzüglich und erfahren auch, das es offenbar tatsächlich Anzeichen einer Aufbruchstimmung gibt. Wie schön wäre das!

Vor der altehrwürdigen St. Bartholomäikirche begegnen wir auf dem weiten abgetreppten Platz Georg Burkhardt genannt Spalatin: ein weitgehend unbekannter Reformator, ohne dessen tätige Hilfe Martin Luther wohl kaum überlebt hätte. Er organisierte dessen „Entführung“ auf die Wartburg und gilt auch sonst als Steuermann der Reformation. Seit dem  Reformationsjahr 2017 ist er nun als lebensgroße Plastik im Stadtbild wieder präsent, an der Stelle, wo er gut 20 Jahre lang wirkte und auch begraben liegt.

Ingo Schulze erlebte die „Wende“ in Altenburg als Mitarbeiter am Landestheater (das derzeit ebenfalls saniert wird), in seinem Roman „Simple Storys“ (1998) erzählt er in schmerzhaft lakonischem Ton davon. Ich sollte das Buch wieder einmal aus dem Regal ziehen. 

Lindenau-Museum

Das Lindenau-Museum am Schlosspark ist unbedingt sehenswert, angeblich schließt es zum Jahresende für mindestens drei Jahre wegen Sanierung. Nichts wie hin! Denn es ist fraglich, ob man später noch so zwanglos zwischen den Gipsabgüssen der Venus von Milo, dem Barberinischen Faun und anderen berühmten Skulpturen seinen Kaffee trinken kann. Danke dafür!

(Januar 2020) Das Museum ist bis auf Weiteres umgezogen ins Interim Kunstgasse 1 in der Altstadt.

Frontansicht des künftigen Lindenau-Museums Altenburg, Entwurf Kummer. Lubk. Partner, 2021 - Bild: Lindenau-Museum

(04.02.2022) Aktuell wird von einem geplanten Radikalumbau berichtet, dem die straßenseitige, historisch bedeutsame Freitreppe zum Opfer fallen soll, zugunsten eines neuen transparenten Sockelgeschoßes als Foyer. Auf diesem gläsernen Sockel wird dann der alte Museumsbau präsentiert wie ein Stück Cremetorte. Die bisherige Planung ist wohl kaum nach außen kommuniziert worden und nur dürftig dokumentiert - nun wird heftig diskutiert. Fragwürdig und schade, so eine stimmige Gesamtsituation zu zerstören. Wieder einmal zieht der Außenraum, repräsentativ angelegt, den Kürzeren, hier zugunsten eines Kellergeschoßes mit Ticketcounter und Museumsshop - was treibt die Leute um?
Profunde Informationen und Standpunkte dazu gibt es beim Stadtforum Altenburg und in einem Artikel der FAZ vom 28.01.2022, das Museum selbst berichtet auf dieser Seite vom Planungsstand.

 

Selbstverständlich umfasst der absolvierte Stadtspaziergang andere wichtige Stationen in der Stadt, ohne sie namentlich, lediglich teils in Bildern, zu erwähnen: Schloss, Hauptmarkt, Bruderkirche, Nikolaiturm (geschlossen), Pohlhof, das letzte erhaltene Rittergut am Altstadtrand. Die Umrundung des Großen Teichs gehört eigentlich auch dazu, weil wir aber noch nach Dessau weiterwollten, haben wir uns mit einem Blick begnügt.